Neuer Monat – neue Abenteuer

Nachdem meine „Versorgungspakete“ in Ahlbeck bereits alle am Montag angekommen sind, hieß es Dienstag auf zu neuen Abenteuern – auf nach Polen. Nach 2 Monaten Radreise in Deutschland setzte ich meine Radreise auf dem Ostseeküstenradweg in Polen fort.

Aber erst einmal von vorn: Nach einem Ruhetag in Ueckermünde – Bellin ging es dann ohne Fähre einmal um das Stettiner Haff außen herrum, dabei machte ich noch bei einer 1nitetent Unterkunft HeuKate in Zarrentin hinter Anklam halt. Da hier auch der Pilgerweg vorbei führt, haben die Besitzer früher Übernachtungen auf dem Heuboden angeboten, allerdings ist dies nun nicht mehr möglich, da ein Sturm das Reetdach der Scheune komplett abgedeckt hat. Die Enkelin der Besitzer, hat nun deshalb für sie ein Profil bei 1nitetent eingerichtet, da sie selbst wohl mit dem Rad durch Deutschland gefahren ist und das Netzwerk genutzt hat. Die Frau des Besitzers war für längere Zeit nicht da, deshalb hatte der Besitzer etwas Redebedarf und so wurde ich kurzerhand zum Frühstück auf der Terrasse eingeladen :-D. Der Weg dorthin war an dem Tag sehr anstrengend, da die Wege bis nach Anklam sehr herausfordernd waren – ein Schlagloch an dem anderen, super schlechter Teer und Gegenwind – eine Traumkombination. Aber wie ich nun weiß – war das alles nur die Vorbereitung auf den Ostseeküstenradweg in Polen – aber genug gespoilert 😉

Am nächsten Tag ging es dann auf die Insel Usedom, um meine Pakete abzuholen und meine letzte Nacht in Deutschland zu verbringen. Mit einem kleinen Sightseeingtour Stopp in Stolpe.

Beim Abholen meiner Pakete traf ich auf zwei andere Radfahrer, bei denen sich herausstellte, dass sie eine ähnliche Route fahren wie ich. Sie wollten auch über den Ostseeküstenradweg nach Litauen. Wir quatschten eine ganze Weile und tauschten uns übers Radreisen aus und ich konnte den beiden noch die App „mBDL“ für das Wildcampen in Polen empfehlen, was seit diesem Jahr an definierten Stellen in Polen offiziell erlaubt ist.

Über die Promenade in Ahlbeck sollte es zum Campingplatz gehen, jedoch war diese so gerappelt voll, dass ein Radfahren nicht möglich war. Also ging es dann auf Parallelstraßen nach Sellin auf den Campingplatz Nandalee. Sellin ist etwas abseits vom Trubel an der Küste und der Campingplatz hat einen super Eindruck auf der Homepage gemacht – und ich wurde nicht enttäuscht. Der Campingplatz ist klein und familiär und mein Zelt konnte ich direkt am Wasser aufstellen, sodass ich einen super Blick über den Schmollensee hatte. Außerdem betreiben die Besitzer auch ein kleines Bistro auf dem Platz, dass die Gäste mit richtig leckerem Essen und Trinken versorgt.

Beim Warten an der Rezeption habe ich dann gleich noch andere Radfahrer kennengelernt mit denen ich noch länger Zeit schnackte. Ein Pärchen aus den Niederlanden und eines aus Köln. Die beiden aus den Niederlanden sind mit Falträdern auf einer 5-wöchigen Tour von Berlin über die Ostseeküste und dann zurück nach Holland unterwegs und die beiden Kölner machten ihre Tour mit einem ganz besonderem Rad. Sie sind mit einem Tandem unterwegs, bei dem der Vordermann liegt und der Hintermann normal sitzend fährt und mit dem Lenker das Rad steuert. Es hatte einen Motor, den die beiden jedoch nur für Anstiege nutzen, da sie diese sonst nicht hochkommen. Total interessantes Gefährt. 😀 Es ist wohl eine tolle Variante, wenn eine Person fitter ist als die andere, denn so kann man trotzdem zusammen fahren.

Am Dienstag Morgen hieß es dann: Auf zu neuen Abenteuern! Über die Promenade der Seebadorte Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck ging es über den Grenzübergang nach Swinemünde zur Fähre, die Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer kostenlos von der Insel Usedom auf das polnische Festland bringt.

Also ich muss schon zugeben, dass ich doch etwas nervös war, nachdem mich die Fähre auf dem polnischen Festland abgesetzt hatte. Im Vorfeld hatte ich bei meinem Recherchen gelesen, dass man keine Radwege wie in Deutschland erwarten darf – allerdings stammten diese Berichte auch teilweise aus den Jahren 2011 und wie ich auch gelesen hatte, investiert Polen mittlerweile mehr in den Radtourismus und baut immer mehr Radwege aus – wie ich auch in Stettin selbst gesehen habe. Also war ich doch sehr gespannt darauf, was mich nun auf meiner Tour erwarten würde. Die ersten Kilometer wurde man noch in „Sicherheit“ gewiegt, denn ich fuhr auf guten Asphaltwegen – bis der Radweg in den Wald führte. Da fing das Abenteuer so richtig an 😀 Am Eingang sammelten sich nun schon einige Radfahrer – manche mit Kinderanhänger – , die überlegten, ob sie den Weg wirklich fahren sollten. Denn es erwartete uns eine Aneinanderreihung von Schlaglöchern, tiefen „Sandgruben“, sehr groben Schotter und das ganze dann teilweise noch bergauf. Auf einmal wusste ich für was die Fahrt durch die Uckermark gut war 😀 Ein gutes Training!

Ich muss sagen, am ersten Tag habe ich von der Umgebung nicht wirklich viel mitbekommen. Ich weiß noch es ging immer wieder durch Waldabschnitte und ab und zu durch ein kleines Dorf. Aber ich musste mich jede Sekunde so konzentrieren und auf den Weg schauen, da die Verhältnisse oft sehr schlecht waren, sodass ich die Umgebung nicht wirklich wahrgenommen habe.

Lustig war auch, dass ich mich die ganze Zeit auf dem polnischen Ostseeküstenradweg, der mit dem Schild R10 ausgeschildert ist, abgequält habe, aber auf einem Abschnitt, es parallel den schönen Eurovelo10/13 Radweg gab, den ich nur durch Zufall entdeckte, weil ich kurz Pause am Meer machen wollte. 😀

Als ich nach ein bisschen mehr als 60km in dem Ort ankam, in dem ich mir einen Campingplatz ausgesucht hatte, war ich etwas überfordert und etwas geschockt. Ich hatte zwar schon bei Google Maps gesehen, dass es sehr viele Campingplätze gibt und dass das für eine touristische Gegend spricht, aber so viele Urlauber, Kinder und Bespaßungsangebot für die Familien hatte ich nicht erwartet. Überall gibt es Hüpfburgen, aber nicht die kleinen die ich aus meiner Kindheit kenne, sondern richtig große – ganze Hüpfburgenlandschaften. Überall kann man elektrische Mopeds oder Kettcars ausleihen und überall gibt es so Spielhöllen für Kinder.

Ich fühlte mich überhaupt nicht wohl und entschied noch weitere 25km zum nächsten Campingplatz zu fahren, den ich mir rausgesucht hatte. Doch zunächst brauchte ich erst einmal ein wenig Stärkung, denn die Tour zerrte sehr an meinen Kräften. Also suchte ich mir eine Bäckerei und es gab erst einmal Kuchen und einen Cappuccino. Die Auswahl an Kuchen hier in Polen ist der Wahnsinn. So viele verschiedene Kuchen, Torten, Törtchen hab ich noch nicht gesehen. Wenn die Polen was können, dann ist es Kuchen backen 😀 . Die Stückchengröße kann man selbst bestimmen und der Preis wird dann anhand des Gewichtes berechnet.

Frisch gestärkt ging es dann auf zum nächsten Campingplatz. Aber auch auf diesen nächsten Kilometern wurden die Wegverhältnisse nicht besser und so kam ich dann nach knappen 90km in Pustkowo an. Der Campingplatz, den ich mir dort rausgesucht hatte, war aber auch nichts, da er direkt an der großen Straße war und es sehr laut war. Also wieder weiter fahren, aber dieses Mal habe ich mir einen kleinen Platz im selben Ort rausgesucht und dort bin ich dann auch geblieben.

An dem Tag war ich einfach nur fertig mit der Welt 😀 Was aber echt schön hier am Ostseeküstenradweg ist, ist, dass man abends dann immer noch an den Strand gehen kann und dann meistens auch nicht mehr so viel los ist.

Auf der nächsten Tagesetappe wurde ich dann jedoch für die Strapazen am ersten Tag belohnt – die Tour führte über gute Waldwege und asphaltierte Wege und oft entlang des Wassers.

Zwar führt der Radweg auch an den Folgetagen immer wieder durch die Touriorte bzw. durch das „polnische Rimini“, wie sie von einem bayrischer Radreisenden liebevoll betitelt wurden 😀 , aber es gibt auch die leeren, weißen Sandstrände dazwischen – und ich habe sie gefunden.

Am zweiten Abend wurde es dann nochmal spannend auf dem Campingplatz. Ich hatte am Abend zuvor per E-Mail angefragt, ob sie denn noch Platz hätten, für eine Person im Zelt mit dem Rad. Die Antwort hatte ich morgens schon im E-Mail Posteingang – das sei kein Problem sie haben Platz. Als ich dann ankam, wurden mir dann zweit Stellplätze angeboten. Die erste Option: in der Mitte von 4 anderen Zelten, wobei dann mein Zelt vermutlich so ca 5cm Abstand zum jeweiligen Nachbarzelt gehabt hätte (auf dem Bild zwischen dem hellgrünen und dem blauen Zelt). Oder die zweite Option: auf einem kleinen Grünstreifen, neben einem kleinen Mobile-Home und neben Autos und vor allem neben dem Kinderspielplatz, auf dem die Hölle los war. Also stand ich zwischen der Wahl: Pest oder Cholera. 😀 Ich habe mit dem Platz neben dem Kinderspielplatz die Pest gewählt in der Hoffnung, dass die Kleinen ja irgendwann mal schlafen müssen – das war dann so gegen 23 Uhr 😀

Was ich auf diesem Campingplatz gelernt habe, ist, dass Polen ein nicht so stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Privatsphäre haben 😀 . Zu mindestens die Polen, die auf dem Campingplatz sind, denn auch auf anderen großen Campingplätzen konnte ich das immer wieder auf meiner Route beobachten. Gut es ist auch gerade absolute Hochsaison, was ich so nicht auf dem Schirm hatte. Was aber auch wiederum nicht verwunderlich ist, denn in jedem Land gibt es im Sommer die Sommerferien. Dies führt hier aber auch dazu, dass man feste Unterkünfte an der Küste nur zu wahnsinnig hohen Preisen bekommt, wenn überhaupt noch welche verfügbar sind.

Der dritte Tag auf dem polnischen Ostseeküstenradweg wurde dann auch nochmal etwas besser, denn die Route führte auch mal landeinwärts und ich bin tatsächlich mal durch richtige, normale, polnische Dörfer gefahren ohne überfüllte Promenaden.

Die Versorgung mit Trinken und Essen entlang des Weges ist durch die vielen Touriorte überhaupt kein Problem. In jedem Ort gibt es kleine Supermärkte, aber auch Restaurants, Cafés und Bäckereien. Aber auch kleine Dörfer abseits der Küste, haben sehr oft einen super kleinen Lebensmittelladen und oft stehen am Wegesrand auch kleine Obst- und Gemüsestände. Was es hier eigentlich in jedem Café zu Essen gibt, sind Waffeln. Waffeln in jeglicher Kombination: mit Eis, mit Früchten, mit Sahne, mit Puderzucker, mit Soßen…ich glaube es gibt nichts, was es nicht gibt. 🙂 Und im Vergleich zu Deutschland, ist in Polen wirklich günstig – selbst in den Touriorten, sodass ich abends eigentlich gar nicht mehr koche, sondern Essen gehe. Nur morgens gibt es noch mein Porridge, da es so ein richtiges Frühstück wie wir es kennen mit belegten Brötchen hier beim Bäcker nicht gibt. Das müsste man sich das selbst zusammenbauen aus Sachen aus dem Supermarkt und Brötchen vom Bäcker und dafür bin ich zu faul 😀 Und wenn ich morgens schon mit Kuchen und Süßkram anfange, muss ich das den ganzen Tag durchziehen, um genug Energie zu haben – das ist auf Dauer glaube ich auch nicht so gesund.

Am Freitag habe ich auf meinem Weg einen polnischen Radfahrer, Thomas, getroffen, der super Englisch konnte und so sind wir einen Teil zusammengefahren und ich konnte ihn mal ein wenig über Polen befragen und ein paar polnische Vokabeln üben. So langsam klappt das Bestellen auf polnisch und auch auf die Frage, ob sie Englisch oder Deutsch sprechen, antworten die meisten nun auf Polnisch, was heißt, dass ich es halbwegs verständlich ausgesprochen habe. 😀

Er meinte, dass die ganzen Orte an der Küste nur für den Tourismus existieren und ab Oktober eigentlich leer sind und alles zu hat. Dann ist es dort sehr ruhig.

Vor meiner Tour durch Polen hatte ich auch etwas Respekt vor dem Fahren auf der Straße, da man ja so ein typisches Bild vom polnischen Autofahrer im Kopf hat. Aber ich muss sagen, bisher hat sich dieses gar nicht bestätigt. Die meisten lassen einem beim Überholen genügend Platz und an Übergängen an der Straße (egal ob mit oder ohne Zebrastreifen) halten die Autofahrer an. Thomas hat mir dann aber erklärt, dass das Anhalten damit zusammenhängt, dass es seit 1 Monat in Polen eine Regel / ein Gesetz gibt, dass Autos an Straßenübergängen anhalten müssen. Er meinte ohne das, würde sich niemand daran halten und vorher haben auch die wenigsten angehalten. Und ich dachte schon, dass die Polen gar nicht so schlimm beim Autofahren sind 😀

Zwischendrin trennten sich unsere Wege, aber durch Zufall haben wir uns in der nächsten größeren Stadt Ustka in einem Café wieder getroffen und haben gemeinsam Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Er fuhr dann weiter, da er die Gegend bereits kennt und sich nichts anschaut, sondern nur Rad fährt. Ich dagegen bin dann noch mit dem Rad etwas durch die Stadt gelaufen, bevor es dann auch für mich weiter zum Campingplatz ging.

Auf dem Weg zum Campingplatz habe ich langsam ein kleines Muster erkannt: immer wenn der EV10/13 mit dem orangenen, kleinen Schild ausgewiesen ist, dann sind die Wege meistens top, wenn jedoch nur der polnische Radweg R10 ausgeschildert ist, dann kann das übel enden. So auch auf den letzten Kilometern nach Rowy, auf denen ich irgendwann genervt und durchgeschüttelt aufgegeben habe und bei einem Abzweig die Chance genutzt habe und für die letzten Kilometer auf der Straße gefahren bin.

Da ich nun seit 7 Tagen am Stück unterwegs war und einen neuen Wochenkilometerrekord aufstellte, gönnte ich mir nun 2 Tage in einem Bed & Breakfast in Klecino etwas abseits des ganzen Trubels und das war die beste Entscheidung. Denn hier ist echt super und man kann die Seele baumeln lassen und die müden Muskeln ausruhen.

Auf dem Weg hierhin verließ ich den Ostseeküstenradweg, da auf der weiteren Tour auf Komoot eine Passage als fast unpassierbar beschrieben wurde: Sumpf, Schlamm, Fahrrad und Gepäck tragen. Da ich mir das nicht antun wollte, suchte ich mir eine Route über kleine Nebenstraßen und Dörfer. Umso überraschter schaute ich, als ich auf einmal am Wegesrand wieder die Schilder vom EV10/13 und vom R10 gefunden habe. Anscheinend haben Sie die Route umgeplant, aber das Kartenmaterial in der OpenCycleMap hat noch niemand angepasst und so war ich völlig allein unterwegs. 🙂 Auf dieser Tour hat es mich dann auch das erste Mal mit dem Rad hingehauen, denn die Kombi aus Kopfsteinpflaster und tiefen Sand war nicht so toll. Aber zum Glück ist nichts weiter passiert und die Tour konnte gleich weitergehen.

Verdutzt habe ich auch geschaut, als ich in Glówczyce, dem Nachbardorf vom Ort meiner Unterkunft, an einem Restaurant zwei deutsche Frauen traf, die ich die Tage zuvor bereits in einem Ort gesehen habe. 🙂 Die Mittagspause verbrachten wir dann gemeinsam mit Pierogis Essen und tauschten uns ein wenig aus.

Zusammengefasst: Die erste Tage waren hart, aber so langsam freunde ich mich mit Polen an 😀

Übrigens: die ganzen Orte, in denen ich übernachtet habe, findet ihr auf der Seite „Statistik und Route“ auf meinem Blog – zur kleinen Orientierung wo ich unterwegs bin.

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